Verkehrsleiter Güterkraftverkehr
Persönliche Zuverlässigkeit
Die persönliche Zuverlässigkeit muss vom Unternehmer / Geschäftsführer und vom Verkehrsleiter, unabhängig davon, ob er als interner oder externer Verkehrsleiter beschäftigt wird, nachgewiesen werden.
Der Unternehmer oder der Verkehrsleiter gelten als zuverlässig, wenn es keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür gibt, dass bei der Führung des Geschäftes, des Unternehmens geltende Vorschriften missachtet werden oder die Allgemeinheit beim Betreiben des Unternehmens geschädigt oder gefährdet wird.
Die Zuverlässigkeit des Unternehmers oder des Verkehrsleiters wird anhand von Auszügen aus Registern, in denen eventuelle Verstöße registriert werden, geprüft, beispielhaft
- ein Auszug aus dem Gewerbezentralregister
- ein Auszug aus dem Fahreignungsregister (ehemals Verkehrszentralregister)
- ein behördliches Führungszeugnis
Ergänzend sind durch den Antragsteller weitere „Unbedenklichkeitsbescheinigungen“ von folgenden Behörden und Institutionen beizubringen:
- Finanzamt
- Gemeindekasse
- Sozialversicherungsträger
- Berufsgenossenschaft
Hinweis: Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen dürfen bei Antragstellung nicht älter als 3 Monate sein. Die Behörden arbeiten nicht alle einheitlich, jedoch stellen die meisten Behörden ein Merkblatt, einen „Laufzettel“ zur Verfügung, dem entnommen werden kann, welche Unterlagen benötigt werden.
Die Genehmigungsbehörden haben außerdem einen direkten Zugriff auf die vom Bundesamt für den Güterverkehr (BAG) geführte EU-weit vernetzte Verkehrsunternehmerdatei.
Die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder des Verkehrsunternehmens darf also nicht zwingend in Frage gestellt sein, etwa durch Verurteilungen oder Sanktionen aufgrund eines schwerwiegenden Verstoßes gegen geltende einzelstaatliche Vorschriften in folgenden Bereichen:
- Handelsrecht
- Insolvenzrecht,
- Entgelt - und Arbeitsbedingungen der Branche,
- Straßenverkehr
- Berufshaftpflicht
- Menschen- oder Drogenhandel
Außerdem darf gegen den Verkehrsleiter oder das Verkehrsunternehmen in keinem Mitgliedstaat ein Urteil wegen einer schwerwiegenden Straftat oder eine Sanktion verhängt worden sein wegen eines schwerwiegenden Verstoßes gegen Gemeinschaftsvorschriften, insbesondere in folgenden Bereichen:
- Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Arbeitszeit sowie Einbau und Nutzung der Kontrollgeräte,
- höchstzulässiges Gewicht und Abmessungen der Nutzfahrzeuge im grenzüberschreitenden Verkehr
- Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer
- Verkehrstüchtigkeit der Nutzfahrzeuge einschließlich der vorgeschriebenen technischen Überwachung der Kraftfahrzeuge
- Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs oder gegebenenfalls Zugang zum Markt des grenzüberschreitenden Personenkraftverkehrs
- Sicherheit beim Transport gefährlicher Güter auf der Straße
- Einbau und Benutzung von Geschwindigkeitsbegrenzern in bestimmten Fahrzeugklassen
- Führerscheine
- Zugang zum Beruf
- Tiertransporte
Die EU-Berufszugangsverordnung enthält in Anhang IV eine Liste der schwersten Verstöße, die schnell zur Feststellung der Unzuverlässigkeit führen können:
1. a) Überschreitung der 6-tägigen oder 14-tägigen Höchstlenkzeiten um 25 % oder mehr
1. b) Während der täglichen Arbeitszeit Überschreitung der maximalen Tageslenkzeit um 50 % oder mehr ohne Pause oder ohne ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 4,5 Stunden.
2. Fehlender Fahrtenschreiber und/oder fehlender Geschwindigkeitsbegrenzer oder Verwendung einer betrügerischen Vorrichtung, durch die die Aufzeichnungen des Kontrollgeräts und/oder der Geschwindigkeitsbegrenzer verändert werden können, oder Fälschung der Schaublätter oder der vom Fahrtenschreiber und/oder von der Fahrerkarte heruntergeladenen Daten.
3. Fahren ohne gültigen Nachweis der technischen Überwachung, falls ein solches Dokument nach dem Gemeinschaftsrecht vorgeschrieben ist, und/oder sehr schwer wiegende Mängel u. a. an Bremssystem, Lenkanlage, Rädern/Reifen, Federung oder Fahrgestell, die eine solche unmittelbare Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellen würden, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.
4. Beförderung gefährlicher Güter, deren Beförderung verboten ist oder die mit verbotenen oder nicht zugelassenen Mitteln zur Verwahrung oder ohne entsprechende Gefahrgutkennzeichnung am Fahrzeug befördert werden, von der eine solche Gefahr für Menschenleben und Umwelt ausgeht, dass die Stilllegung des Fahrzeugs verfügt wird.
5. Beförderung von Personen oder Waren ohne gültigen Führerschein oder durch ein Unternehmen, das nicht im Besitz einer gültigen Gemeinschaftslizenz ist.
6. Verwendung einer gefälschten Fahrerkarte, einer Karte eines anderen Fahrers oder einer Karte, die auf der Grundlage falscher Angaben und/oder gefälschter Dokumente erlangt worden ist.
7. Güterbeförderung unter Überschreitung der zulässigen Gesamtmasse um 20 % oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 12 Tonnen und um 25 % oder mehr bei Fahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 12 Tonnen.
Sind solche Verstöße festgestellt, kann die zuständige Genehmigungsbehörde die Unzuverlässigkeit des Antragstellers konstatieren.
Angesichts der gravierenden Folgen eines Verstoßes nach Anlage IV der VO (EG) Nr. 1071/09 für die Zuverlässigkeit des Verkehrsleiters oder Erlaubnisinhabers (vgl. Frage 15), aber auch um eine einheitliche Auslegung und Anwendung des Anhangs IV in Deutschland zu gewährleisten, hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung als Auslegungshilfe einen Katalog der nationalen Straf- und Bußgeldtatbestände bekannt gegeben, der die schwersten Verstöße im Sinne des Anhangs IV der VO (EG) Nr. 1071/09 auflistet.
Wichtige Hinweise enthält die Auslegungshilfe beispielsweise zur Qualität, die ein Verstoß haben muss, um als „schwerster Verstoß“ gewertet zu werden. Bei Straftaten sind demnach besondere Tatumstände erforderlich.
So sollen in Deutschland begangene Straftaten wie die Fälschung technischer Aufzeichnungen (§ 268 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Abs. 3 StGB), der Missbrauch von Ausweispapieren (§ 81 Abs. 1 (1. Alt.) in Verbindung mit Abs. 2 StGB) oder die Datenveränderung (§ 303 a Abs. 1 StGB) regelmäßig nur dann auch „schwerste Verstöße“ im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1071/09 sein, wenn sie bei oder im Zusammenhang mit der Verwendung des Kontrollgeräts bzw. der Fahrerkarte realisiert werden.
Werden Bußgelder aufgrund von Ordnungswidrigkeiten verhängt, sollen diese in Deutschland nur dann „Anhang-IV-relevant“ sein, wenn die Höhe der Geldbuße mehr als 200 Euro beträgt. Dies führt dazu, dass ein schwerster Verstoß in vielen Fällen nur bei der Verwirklichung einer bestimmten Begehungsvariante erfüllt ist, der zu einer Erhöhung des Regelsatzes führt. Die Auslegungshilfe zu Anhang IV der Verordnung (EG) Nr. 1071/09 finden Sie unter dem Link links unten.
Die besonders schweren Verstöße haben auch deswegen besondere Brisanz, da festgestellte Verstöße in die neue Güterkraftverkehrsdatei aufgenommen werden. Im schlimmsten Fall, d.h. wenn die Zuverlässigkeit eines Verkehrsleiters nicht mehr gegeben ist und die Tätigkeit untersagt wurde, besteht faktisch ein europaweites Beschäftigungsverbot als Verkehrsleiter.
Auch für einen Erlaubnisinhaber einer Güter- oder Personenkraftverkehrslizenz, bei dem die Unzuverlässigkeit festgestellt wird, hätte dies gravierende Konsequenzen: Während er die Möglichkeit hat, eine fehlende Fachkunde durch einen externen Verkehrsleiter „auszugleichen“, so kann er die fehlende Zuverlässigkeit nicht ersetzten, d.h. die Behörde kann die Erlaubnis komplett widerrufen, was ebenfalls einem faktischen Berufsverbot gleichkäme.